AUGENHÖHE (Neu!)
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Der Narr (Roman)             17,00 €

 

Der Feind lag im Westen. Unsere schweren Lastkraftwagen rissen Häuser ein, wenn sie auf eine Übung durch die Dörfer fuhren. Eine Kompanie Bauarbeiter folgte dem Troß und machte gut, was wieder gut zu machen war. 

Als Kandidat hatte ich mich im Politunterricht hervorzutun: „Genosse Hauptmann, wie geht das an? Wenn die Atombomben fallen, was sollen wir da mit unseren Lastkraftwagen.“

Obwohl alle Offiziere dasselbe trugen, war der Polithauptmann der Bestangezogene - mit der schärfsten  Bügelfalte im Objekt. Sein Blick durch die goldumrandeten starken Brillengläser traf meine Nasenwurzel. Er sagte: „Genosse Soldat, wir sind nur dazu da, den Feind sieben Minuten aufzuhalten.“

„Aber Genosse Hauptmann“, erwiderte ich, „die Atombombe! Sollen wir sie sieben Minuten lang herumfahren?“

Darüber wollte er mit mir während der Parteiversammlung reden, unter Ausschluß der Nichtgenossen.

So stand ich also wieder auf, diesmal nüchtern, und stellte mich ganz dumm. Derart hatten andere schon ihre vorzeitige Entlassung erwirkt. An der breitesten Wand des Klubraums ließ der Stabschef eine strategische Karte entrollen und erläuterte umständlich, warum wir nach sieben Minuten von den Atomwaffen des Großen Bruders, der Sowjetunion, zerstäubt würden.

Dem Stab wurde eine Kiste mit Schutzanzügen gegen die Atombombe geliefert: für den Fall der Fälle. Frau Büring, die Raumpflegerin, sah den Genossen bei der Anprobe zu und war plötzlich der einzige erkennbare Mensch.

Dumpf rief der Anzug des Stabschefs: „Jetzt kann die Atombombe kommen!“

Alle Genossen waren darauf eingerichtet, Frau Büring, parteilos, nicht. Sie bekam es mit der Angst zu tun und fühlte sich minderwertig: Eine poplige Reinigungskraft brauchte keine Ausrüstung im Spind. Sorgenvoll wandte sie sich am nächsten Tag an den Stabschef: Was solle sie denn tun, wenn die Atombombe kommt?

Unverlegen antwortete der: „Na, Frau Büring, da gehn sie auf dem schnellsten Weg nach Hause.“

Dabei wußte der Stabschef ganz genau, daß Frau Büring auch zu Hause nicht sicher war, denn sie hatte Westkontakte, besser ihre Tochter Tina. Ab und an saß ein Mann aus dem Westen im Wohnzimmer. Bevor er wieder in den Westen zurückging, drückte er Frau Büring jedesmal herzlich.

Eines Tages hatte sie der Stabschef in sein Dienstzimmer rufen lassen: Sie als Zivilangestellte des Stabes unterhielte Beziehungen zum Feind? Das möge sie bitte abstellen. Frau Büring erwiderte, der Mann sei nicht ihre Bekanntschaft, sondern die Bekanntschaft ihrer Tochter.

„Dann brechen sie die Beziehung zu Ihrer Tochter ab!“

„Aber die wohnt doch bei mir.“ Fast weinte sie über die Herzlosigkeit des Stabschefs. „Außerdem ist der Mann nett und freundlich.“

Ein Stabschef ließ sich vom Feind nicht täuschen. „Frau Büring, heute ist er nett und freundlich, und morgen schmeißt er Atombomben! Außerdem gibt es in DDR genug nette freundliche Männer.“

 

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Bald  (Roman)                                                      20,00 €

 

Der Grundriß der Mansarde, die in ihrer gesamten Ausdehnung durch Hannas Antrieb über die Jahre umgebaut und bewohnbar gemacht worden war, erinnerte an einen weitverzweigten Bau. Zum Einzug fand die junge alleinstehende Mutter nur Küche und zwei Zimmer vor, wovon nur in einem ein Ofen stand, der Rest: Dachboden und zugenagelte Taubenschläge.

Sätze wie „Ich muß mal zu den Handwerkern“ oder „Morgen kommen die Handwerker“ oder „Morgen kommt mein Vater, hast du bißchen Zeit?“ trafen bei Roman stets auf Hilfsbereitschaft, von der nur er wußte, daß sie geheuchelt war, denn von selbst wäre er nie auf die Idee gekommen, mehr als nötig in die Umwelt einzugreifen. Das Plumpsklo auf dem Dachboden, zum Beispiel: Schon eine gutzuheißende Änderung, damit man nicht bei dem kleinsten Geschäft hinunter zum Plumpsklo auf dem Hof mußte, doch gleichzeitig stank es in den heißen Monaten, wenn man die Bodentür öffnete. Hanna hatte gesagt, daß ihre Pläne weiter reichten - hin zur Ummauerung, zur Schaffung eines neuen Raumes, und daß sie darüber mit den Handwerkern sprechen werde. Aus war es mit dem Vierzig-Quadratmeter-Großklo, das kein Besucher ohne Verwunderungsrufe verlassen hatte. 

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Mensch Nazi  (Roman)                                    17,00 €

 

Draußen verregneter Januar. Drinnen Mittagessen. Auf dem Küchentisch liegt mein iPhone. Marvin, sieben Jahre alt, hat es gegen Ende des ausgelaufenen Jahres als Spielzeug entdeckt. Google Earth fasziniert ihn, Garage Band, die Kamera und das Musikprogramm, auf dem außer einer Jazz-CD ausschließlich meine Lieder gespeichert sind. Es läuft gerade Poli-Tick, das Lied über die Selbstgefälligkeit eines Politikers. Marvin fragt: “Papa, was ist Politik?” 

Er spricht ein Thema an, mit dem ich jetzt gar nichts zu tun haben will, und wäre das Lied nicht alphabetisch an der Reihe gewesen, auch nichts damit zu tun hätte. Was ist das überhaupt für eine Unsitte, beim Mittagessen Musik aus dem iPhone zu hören. 

Mein erster Impuls für eine Antwort geht in Richtung Meinung zur Politik: Fast fange ich an darüber zu schimpfen, was für ein mieses Geschäft Politik sei, sehe aber noch rechtzeitig seinen unschuldig fragenden Blick.

“Weißt du, Marvin, wir leben doch in einer Gesellschaft.”

Er nickt.

“Und in der Gesellschaft sind sehr viele Menschen.”

“Sehr viele Menschen”, wiederholt er und stellt sich auf den Stuhl.

Ich sage: “Wir sind beim Mittagessen.”

Er setzt sich wieder.

“Zwischen den Menschen muss es doch vernünftig zugehen, sonst ist das ja kein schönes Leben.”

“Ich bin doch nur auf den Stuhl gestiegen.”

“Nein, ich meine die Gesellschaft. Da muss es doch vernünftig zugehen. Wir gehören zwar auch zur Gesellschaft, doch wenn wir nur alleine wären, würde es schon vernünftig zugehen, ob du nun auf den Stuhl steigst oder nicht. Aber wir sind nicht alleine.” Obwohl mein Satre-Standard-Satz “Die Hölle sind die Anderen” jetzt gut passte, sage ich “Gott sei Dank”.

Endlich ist das Lied zu Ende. Der Refrain dudelt am Schluss etwas zu lange: “Dann politicke ich richtig, ticketacke, ticketacke…”.

“Politik”, sage ich, “ist die Wissenschaft vom vernünftigen Zusammenleben all der vielen Menschen in der Gesellschaft. Zum Beispiel im Straßenverkehr. Ohne Politik gäbe es keine Straßenverkehrsordnung und dann könnte jeder fahren, wie er will.”

Er überlegt kurz und sagt: “Aber wer will denn einen Unfall bauen?” 

Ich sage: “Das ginge dann gar nicht anders, weil keiner wüsste, was der andere vorhat, ob der nun fährt oder wartet oder doch fährt.”

“Papa, würdest du dann noch Auto fahren?”

“Ich glaub nicht.” Und um das Thema abzuschließen, sage ich: “’Lebt man in einer Gesellschaft mit Vielen zusammen, muss man sich absprechen, wie man am besten zusammen leben kann. Und das ist Politik - wenn man sich abspricht.” 

Er will das Thema nicht abschließen. “Aber Papa, dann ist ja alles Politik. Man muss doch immer was absprechen.” 

“Genau”, sage ich, “und wenn man sich streitet, muss man sich solange streiten, bis man sich nicht mehr streitet. Dann hat man sich geeinigt, und es ist Frieden.”

Dieses letzte Wort im Brustton der Überzeugung hatte ihm an der Antwort noch gefehlt. Er wiederholt es, die erste Silbe zärtlich langgezogen, und steigt auf den Stuhl. 

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Feurio  (Betrachtungen)                         17,00 €

 

Leider vergriffen! (als PDF-Datei lieferbar für 10 €)

 

Es blüht der Raps, Mücken tanzen - es ist Dezember. Die Krähen organisieren sich. Vor meiner Tür werden Informationen über Schiffe ausgetauscht.

Die Frau treibt in ihrem Unterleib wie eine Seenadel durch die verlassene purpurne Grotte.

Da ruft Wiczorek an und will mir Vorteile verkaufen.

„Nein, Wiczorek, das kannst du nicht!“

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 Der Himmel fiel aus allen Wolken  (Autobiografischer Roman)      17,00 €

 

Leider vergriffen! (als PDF-Datei lieferbar für 10 €)

 

Forsch blühten die Tulpen vor dem Regierungspalais in Saarbrücken. Infolge der amourösen Affäre einer von Peter Peter vertretenen Künstlerinnen hatte er gute Kontakte zum Landesvater, der damals Oskar Lafontaine hieß. Wir wurden von ihm persönlich empfangen, waren gleich per Du. Er fragte, ob ich Lust hätte, in Frankreich zu Mittag zu essen. Eine solche Frage war mir noch nie gestellt worden. Wir fuhren also mit der Staatskarosse nach Frankreich. Es ist ein Katzensprung. Aus Sicherheitsgründen wurden wir von einem Auto begleitet, das dem Transportmittel des Präsidenten und mir  bis auf die dritte Stelle im Nummernschild glich. Wie hätte ich den Stasi verarschen können, hätte ich noch einen zweiten Lada in braun-schwarz zur Verfügung gehabt. Ein Kind hatte das Original als kackbraun bezeichnet. In der DDR wurde nicht nach der Farbe gefragt, wenn man sein Auto in der Lackiererei abgegeben hatte. 

Ich saß allein im Fond, streckte die Beine bequem von mir. Der Saarwald zog vorbei. Ein Keiler kreuzte den Weg. Der Grenzübertritt nach Frankreich, meine Jungfernfahrt ins Französische, ist mit durch gewunken erschöpfend beschrieben. Wir landeten in einem exquisiten Waldrestaurant. Gibt es etwas Typischeres für die französische Küche als Froschschenkel? Einen Lurch hatte ich noch nie verspeist und überlegte, ob die Bestellung angebracht sei. Schließlich stand ich für eine Sache, die mit dem Essen von Froschschenkeln nur schwer zu vereinbaren war. Ich musste also Hemmschwellen überwinden, um mir nicht den Appetit verderben zu lassen. Oskar saß neben mir. 

„Was denkst Du”, fragte ich ihn, „ob ich mal Froschschenkel esse?“ 

Er sagte: „Hast du schon mal?“

Ich verneinte.

„Na, dann”, sagte er.

Das Essen geriet zur Nebensache. Die kleinen Schenkel ihres Fleisches beraubend suchte ich nach Argumenten, um Oskars Vision zu widersprechen, es müsse nur der richtige Finanzminister am Steuer stehen, um es herumzureißen. 

Ich sagte: „Wenn du es machen würdest, würde das Kapital ins Ausland abhauen.“ 

„Als Finanzminister”, sagte er, „ kann man es daran hindern.“

Einige Monate vorher hatte ihn der Saarländer Erich Honecker besucht.

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